Mein Name ist Kaity und ich bin leidenschaftliche Doula. Ich unterstütze Eltern während der Schwangerschaft, der Geburt und über die Zeit des Wochenbetts hinaus und biete ihnen emotionale Unterstützung sowie mein Wissen rund um das Thema Geburt. Geboren in Australien, zog ich mit Anfang 20 nach London, lebte in Paris und New York, bevor es mich weiter nach Berlin zog. Die Geburt meiner Tochter hat mein Leben völlig verändert und markierte das Ende meiner langen Karriere im Musikmanagement. Ich habe meine Tochter in einem Geburtshaus in Berlin geboren. Ihre Geburt hat mich an die Grenzen meiner Belastbarkeit gebracht, war aber unbestritten die schönste Erfahrung, die ich in meinem Leben bisher hatte.
Am Ende durfte ich nicht nur mein Baby kennenlernen, sondern ich bin mir und meiner ganzen Kraft zum ersten Mal begegnet. Unmittelbar danach wusste ich, dass ich mit der Arbeit als Geburtshelferin beginnen wollte. Meine eigene Doula hat einen so großen Teil zu meiner positiven Erfahrung beigetragen, dass ich wusste, dass ich das in Zukunft auch machen möchte. Ich wollte anderen Frauen diese Erfahrung auch ermöglichen. Im Jahr 2017 absolvierte ich bei Carriage House Birth in New York meine Ausbildung zur Doula und begann im Dezember mit Familien zu arbeiten. Im April diesen Jahres sind meine Familie und ich nach Düsseldorf gezogen. Seitdem habe ich mich in der „Spinning-Babies-Technik von Gail Tulleys”, der „Continuity of Care in Maternal Health” und „Holding Space for Pregnancy” weitergebildet. Außerdem arbeite ich besonders gerne mit der evidenzbasierten Praxis und dem Abbau von Ängsten. Ich biete ab Anfang 2019 im Pantakea in Düsseldorf Geburtsvorbereitungskurse in englischer Sprache an.
Gab es Berührungspunkte mit der Arbeit einer Doula bzw. hast du ahnen können, dass du irgendwann in diesem Bereich arbeiten würdest?
Als ich ungefähr Mitte 20 war und wusste, dass ich irgendwann Mutter werden würde, habe ich mich natürlich langsam dem Thema zugewandt. Dies war auch die Zeit, in der ich zum ersten Mal der Arbeit einer Doula begegnete und den Beruf auf Anhieb als äußerst spannend empfand. Ich beschloss bereits damals, dass ich mich dem Thema intensiver widmen werde, wenn ich selbst schwanger sein würde.
Als ich in New York lebte, hatte mir eine Frau von ihrer erstaunlichen Hausgeburt erzählt, bei der sie eine Stunde später Croissants und Kaffee im Bett aß. Ich erinnere mich, dass ich dachte: „Das ist es, was ich will!!!!“. Sie hatte eine Hebamme und eine Doula (ebenfalls aus dem Carriage House Birth). Es war das erste Mal, dass ich jemanden mit dieser Art von Geburtserfahrung traf. Sie lieh mir auch das berühmte und unglaubliche Buch von Ina May Gaskins Spirituelle Hebamme, das ich innerhalb von zwei Tagen verschlungen hatte. Danach wurde ich ein wenig “geburts-besessen”, obwohl es noch weitere 3 Jahre dauern sollte bis ich schwanger wurde.
Mein Interesse für die Geburt entstand auch zum Großteil durch meine eigene Geburt. Da meine Mutter an einer schweren Präeklampsie litt, wurde ich vorzeitig mit Hilfe eines Notkaiserschnittes geboren. Im Nachhinein wurde darüber nie wirklich gesprochen. Auch die Geburt meiner Mutter war für meine Großmutter ein sehr traumatisches Erlebnis. Ich verstehe es jetzt als ein Generations-Trauma. Ich schwor mir, dass der Zyklus des Traumas mit mir enden würde und wusste, dass ich eine andere Geburtsgeschichte für mich und mein Kind erleben möchte. Durch meine Entscheidung, die Verantwortung für mein eigenes Geburtserlebnis selbst zu übernehmen, wurde meine Leidenschaft zum Thema Geburt geweckt.
Eine Doula ist in Deutschland doch recht ungewöhnlich. Wo liegen die Unterschiede zwischen einer Doula und einer klassischen Hebamme?
Zunächst möchte ich klarstellen, dass es nicht um „Doulas vs Hebammen“ geht. Wir bieten zwei spezifisch unterschiedliche Dienstleistungen an und stehen daher nicht im Wettbewerb. Zur Geburt meiner Tochter wurde ich von einer Doula und auch einer Hebamme betreut und kann so aus erster Hand sagen, wie individuell die Betreuung war.
Eine Doula ist eine ausgebildete professionelle Begleiterin, die die gebärende Person und ihren Partner emotional und körperlich unterstützt. Wir erfüllen keine medizinischen Aufgaben, sondern haben ein tiefes Verständnis für die Physiologie der Geburt und die emotionalen Bedürfnisse der Eltern. Wir bereiten die Geburt vor und kommen sobald wir gebraucht werden zum Ort des Geschehens. Dabei bieten wir eine kontinuierliche Betreuung und praktische Unterstützung vor und auch nach der Geburt des Babys.
Ein Hebamme ist eine ausgebildete Krankenschwester, die auch emotionale und körperliche Unterstützung bietet. Der Fokus liegt tendenziell eher auf den medizinischen Bedürfnissen von Mutter und Kind. Je nachdem wo die Geburt stattfinden soll, kann man sich für eine sogenannte Beleghebamme entscheiden. Diese betreut die Schwangere vor und während der Geburt. Ansonsten wird man automatisch von der Hebamme versorgt, die gerade im Kreißsaal Schichtdienst hat. Dann kann es allerdings auch dazu kommen, dass man 2 bis 5 verschiedene Hebammen während der Geburt hat.
Was sind deiner Meinung nach Faktoren, die Frauen bei Geburten besonders berücksichtigen sollten bzw. welche Bereiche werden vernachlässigt?
Jeder von uns bringt seine eigene Lebensgeschichte aus der Zeit vor der Schwangerschaft mit sich. Deshalb sollten Frauen besonders darauf achten, dass sie sich mit der Person, die ihre Geburt begleitet, und auch dem Ort, an dem die Geburt stattfinden soll, wohlfühlen.
Ich habe das Gefühl, dass in Deutschland nicht so viel Wert darauf gelegt wird, dass die Geburtserfahrung eine positive wird. Und das ist doch verrückt! Es wird so viel Zeit, Forschung und Geld in Dinge und Überlegungen investiert, wie z.B. welche Art von Kinderwagen gekauft werden soll. Die meisten denken aber nicht darüber nach in ihre Geburtserfahrung zu investieren.
Frauen kümmern sich sehr um die Gesundheit ihrer Babys. Wenn die Mütter allerdings vorher den Wunsch nach einer Hausgeburt oder der Geburt im Geburtshaus haben, scheint es ein übertriebener Extrawunsch zu sein. Rein aus dem “egoistischen” Bedürfnis der Frau nach Bequemlichkeit oder Komfort. Wie Frauen während der Geburt behandelt werden, beeinflusst ihre Zukunft und die ihrer Babys. Natürlich schätze ich die Fortschritte, die die moderne Medizin mit sich bringt, allerdings muss der Schwerpunkt bei der Geburt auf Respekt und Selbstbestimmung gelegt werden. Außerdem sollte die Fähigkeit der Frau zu wissen, was ihr Körper und ihr Baby brauchen, stärker in Betracht gezogen werden.
Warum denkst du ist eine rein medizinische Geburt nicht ausreichend und wie schaffst du es eine Frau bei der Geburt emotional und psychologisch zur Seite zu stehen?
Eine Geburt ist eine Geburt, egal ob man auf natürliche Weise gebärt oder mit medizinischer Unterstützung. Ein Kind in die Welt zu bringen, ist das Natürlichste überhaupt. Und alle Frauen verdienen Alternativen, Unterstützung und Respekt.
Je mehr Geburten ich miterlebe, desto erstaunter bin ich über die physischen Reaktionen der Mütter und deren Babys als Folge der Art und Weise wie sie den Geburtsprozess erlebt haben. Es ist einfach ein unglaubliches Wunder. Und ja, es gibt Zeiten, in denen Hilfe und Intervention bei der Geburt erforderlich sind – jedoch spiegelt sich dies nicht in der aktuellen Kaiserschnittrate in Deutschland wieder, die bei fast 31% liegt. Zum Vergleich: In den USA liegt die Rate bei 33%. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt seit langem, dass die ideale Kaiserschnittrate zwischen 10-15% liegen sollte. Wir wissen, dass Frauen und ihre Babys nicht “defekt” sind, also müssen wir anfangen uns mit den Problemen zu befassen, die eine so große Anzahl von Kaiserschnitten hervorrufen. Dazu gehört z.B. die so genannte „Kaskade der Interventionen“ bei der Geburt. Hierbei sind die medizinische Eingriffe während des Geburtsvorgangs gemeint, egal ob durch Instrumente oder Medikamente.
Ein Teil meiner Aufgabe ist es, Frauen dabei zu helfen, ihre Ängste zu erkennen und sie zu aufzulösen. Es ist dabei nicht meine Aufgabe, meine Kunden zu beurteilen oder sie vor sich selbst zu „retten“. Frauen sind weise Kreaturen und wissen von Natur aus, was das Beste für sie selbst ist. Ich sehe es jedoch als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie über alle unvoreingenommenen Informationen verfügen, die sie benötigen, um die besten Entscheidungen vor und während der Geburt für sich selbst zu treffen. Mir ist es außerdem wichtig, dass die Frauen sich, unabhängig vom Ergebnis, während dieser Zeit gehört und gehalten fühlen.
Eine Hebamme ist während der Geburt meist nicht immer vor Ort oder wechselt die Schichten mit anderen Hebammen? Als Doula bist du aber die ganze Zeit vor Ort, egal wie lange die Geburt dauert?
Genau. In den pränatalen Terminen bespreche ich mit meinen Klientinnen ganz ausführlich, was während der Wehenphase passiert, welche Möglichkeiten es zur Schmerzlinderung gibt und was man beim Einsetzen der Wehen tun kann, um nicht zu früh ins Krankenhaus zu fahren. Falls dieser Fall eintritt besteht die Gefahr, wieder nach Hause zurückgeschickt zu werden.
Durch spezielle Massagen, rhythmische Atmung und Bewegung kann man diesen Prozess allerdings auch beschleunigen. Wenn meine Kunden das Gefühl haben, dass sie meine Unterstützung brauchen, gehe ich direkt zu ihnen und bleibe dann auch bis zum Ende.Vor kurzem habe ich eine Geburt begleitet und da war ich mit den Eltern innerhalb zwei Krankenhaus-Schichten im Kreißsaal. In dieser Zeit wurden sie von 5 unterschiedlichen Hebammen betreut. Deshalb bin ich ein großer Freund von Dauerbetreuung, weil es für Stabilität und Vertrauen in den Prozess sorgt.
Denkst du uns wird z.B. durch Medien ein falsches Bild von Geburten vermittelt?
Absolut! Vor allem den Frauen im gebärfähigen Alter gegenüber. Die letzten 100 Jahre der modernen Geburtshilfe haben die Sichtweise auf Geburten verändert, zudem ist die Geburt übertrieben mechanisiert worden. Dazu kommt noch die Art und Weise, wie die Kultur den Geburtsvorgang darstellt. Du weißt schon.. die Fruchtblase platzt, es folgt ein verrückter Ansturm aufs Krankenhaus, wo man direkt in Rückenlage gebracht wird. Dabei gibt es sehr, sehr viel Geschrei – da wundert es mich nicht, dass Frauen Angst vor der Geburt haben. Als Ergebnis dieser Darstellung haben wir jetzt eine Kultur, in der sich Frauen als passive Teilnehmerinnen ihrer Geburt sehen.
Was empfiehlst du Frauen die nach der Geburt unter “Baby-Blues” leiden und was denkst du woher dies kommt?
Etwa 80% der Frauen erleben den „Baby-Blues“. Der Hormoncocktail, den wir im sogenannten Wochenbett erleben, hat eine riesengroße Auswirkung auf die Wahrnehmung der Frau nach der Geburt. Entscheidend ist allerdings auch wie stark wir in dieser Zeit unterstützt werden.
Einige Frauen erleben aber auch postnatale Depressionen und PTBS, die das Ergebnis einer traumatischen Geburt sein können. Es ist wichtig, dass Frauen im Wochenbett angemessen versorgt werden und Zugang zu Fachleuten haben, die in der Lage sind, frühe Anzeichen dieser Erkrankung zu erkennen. Wenn diese unbehandelt bleiben, können sie verheerend sein. Was nicht nur schlecht für die Mutter ist, sondern auch für das Baby und das gesamte Familiengefüge.
Alle Empfindungen nach der Geburt sind berechtigt und auch wichtig und sollten ohne schlechtes Gewissen kommuniziert werden.
Zu guter Letzt. Was bedeutet eine Geburt für dich?
Eine Geburt ist ein wesentlicher Teil von uns. Es ist die ultimative Schöpferkraft.
Vielen Dank liebe Kaity für das interessante Interview!
Dieser Text wurde aus dem englischen übersetzt.
Mehr Informationen über Kaity erhaltet ihr auf ihrer Website.
Oder sendet ihr eine Email an: doula@kaityfox.com
Kaity Fox wurde von Marina Kozlova für graw fotografiert.